Computerlogbuch der U.S.S. Reliant
Lt. sg. Lawrence Cox
Sternzeit 12021031
Im folgenden Logbuch sollen die Informationen der zuletzt einberufenen Besprechung festgehalten werden. Die Wichtigkeit dieses Protokolls kann, unter Berücksichtigung der zuletzt eingetretenen Ereignisse, nicht genug betont werden.
Unser stolzes Schiff, die U.S.S. Reliant, die ehrwürdige alte Lady, die uns durch viele tückische Stürme geführt hat, liegt bedauerlicherweise noch immer fluguntauglich am Boden unserer derzeitigen, unfreiwilligen Heimat. Die Stellungnahme unseres geschätzten Chefingenieurs, sowie die eingeholten Berichte der jeweiligen Abteilungsleiter geben wenig Hoffnung, dass sich dieser Zustand in den nächsten Wochen verändern wird.
Selbst die von den Vidiianern großzügig angebotene Hilfe, ohne die wir nie so weit gekommen wären, wird vielleicht nicht ausreichen, um unsere Reise und unsere Mission, der wir uns verschrieben haben, Erfolgreich abzuschließen.
Generalleutnant Hall, die von General Koll eingesetzte Koordinatorin der vidiianischen Bemühungen, uns bei den andauernden Reparaturarbeiten zu unterstützen, wurde von uns, ebenso wie Dias, die bisher freundlich gesinnte Fürsprecherin der Konter-Fraktion der Spezies der Nefisati, dem Volk der Insektoiden, welches sich für den Absturz der Reliant verantwortlich zeigt und vom dem sie sich distanzierte, zu einer finalen Besprechung einberufen, bei der wir unser weiteres Vorgehen festlegen sollten.
Neben der ernüchternden Darstellung des aktuellen Schiffstatus, erfreute die Nachricht, dass die Neutronium-Apparatur den Aufprall unbeschadet überstanden hatte. Dieses, von Orpheus' ursprünglichen Aufenthaltsort auf dem Planeten Zolta, geborgene Stück unbekannter Technik konnte mithilfe des Vidiianers und Ingenieurs Oktavis [NPC] restauriert werden. Aus einem Gespräch mit Orpheus erfuhr Cmdr. Montgomery, dass dises Gerät im Stande sei, einen Subraumkorridor zu öffnen, welcher direkt in Orpheus' Heimatsystem führt. Sollte man in der Lage sein, das Gerät mit dem Schiff zu verbinden und mit einer ausreichenden Menge Energie zu versorgen, könnte man die Dauer der Reise um ein Vielfaches verkürzen, verkündete Dias doch, dass die Distanz ansonsten 55.000 Lichtjahre betrüge.
Ebenfalls offenbarte sich, dass unser Auftrag weit mehr bereit hält, als eine einfache Eskorte über eine große Distanz. Dias berichtete im Folgenden von ihrer Spezies, den Nefisati, einem insektoiden Volk von umherziehenden Eroberern, deren einziger Lebensinhalt die vollständige Unterjochung und Zerstörung ganzer Planeten und Sonnensysteme beinhaltete. Vor einigen Tausend Jahren drangen sie in das Drei-Stern-Sonnensystem ein, indem Orpheus beheimatet war. Unbemerkt gerieten sie mit dem, was Orpheus war, in Kontakt und wurden von ihm, wie es wohl in seiner Natur liegt, verändert. Wie wir es bereits auf den Planeten Zolta beobachten durften, ließ Orpheus die Nefisati mutieren: eine große genetische Vielfalt setzte ein, die so rasant von statten lief, dass die Spezies sich unabhängig voneinander entwickelte und inkompatibel wurde. Dias erwähnte eine eingetretende Unfruchtbarkeit ihres Volkes. Die Matriarchin der Nefisati, ihre Mutter, ist bestrebt, diesen Zustand rückgängig zu machen und der Stagnation ihres Volkes ein Ende zu bereiten. Eine, wie es zunächst schien, noble Sache, doch erklärte Dias, dass dies gleichzeitig einen Rückschritt bedeuten würde: die Veränderung, die Orpheus unbewusst freigesetzt hatte, hatte für Individualität, eine sich entwickelnde Kultur und letztlich einen freien Verstand gesorgt. Die Schwarmintelligenz hatte sich weiter entwickelt. Eine Einmischung unsererseits käme damit der Vernichtung einer neu entstandenen Kultur, oder in diesem speziellen Fall, einer Spezies gleich. Eine eindeutige Verletzung der obersten Direktive. Zusätzlich würden die Nefisati in ihr altes Verhaltensmuster zurück fallen und erneut als Eroberer unserer Galaxie auftreten. Ein Szenario, dass man aufgrund der Erfahrungen, die man mit den Borg in der Vergangenheit tätigte, nicht forcieren möchte.
Trotz der drohenden Gefahr Orpheus bei dem Versuch, ihn mit seiner "Hälfte" zu vereinen, der Matriarcharin auszuliefern, erscheint uns dies die Einzige, nein, die richtige Lösung zu sein. Selbst wenn diese Zusammenführung den Genozid einer ganzen Spezies bedeuten könnte. Dias spricht sich für diese Handlungsweise aus. Sie und jene, für die sie spricht, haben den Untergang ihrer Spezies akzeptiert. Die gewonnene Selbstbestimmung überwiegt den puren Überlebenswilllen – und was Orpheus selbst betrifft, dessen komplexes Wesen selbst eine ganze Zivilisation darstellt – so ist es ihm unmöglich, dauerhaft von seinem Anderen Ich getrennt zu existieren. Wir müssen ihn zurück bringen.
Bleibt nur die Frage – wie? Denn nicht nur werden wir mit einer überaus feindlichen, an den Rand ihrer Existenz gedrängten Spezies konfrontiert werden, sondern zusätzlich einen das gesamte System umspannenden Toh-Maire Nebel durchdringen müssen, der die darin eingeschlossenen Nefisati bisher davon abgehalten hatte, das System zu verlassen. Um dies zu bewerkstelligen benötigen wir eine Legierung aus Orichalcum und vor allem ein vollumfänglich funktionstüchtiges Schiff.
Beides werden wir zu bewerkstelligen wissen.
Zusatz:
Am Ende noch eine persönliche Anmerkung: Ich habe die Crew über die telepathische Verbindung informiert, die ich mit Orpheus eingegangen bin und die mich befähigt, mit ihm in Kontakt zu treten, sobald ich mich auf die Verbindung konzentriere und mich in dessen näheren Umfeld aufhalte. Während Orpheus meinen Körper nutzte und durch mich sprach, schien mein Bewusstsein zu schlafen. Ich habe keinerlei Erinnerungen an das, was vorgefallen ist.
Die von Orpheus durchgeführte Anpassung meines Körpers, die für den telepathischen Link notwendig war, wurde in meine Akte aufgenommen.
Logbucheintrag Ende. |